Anmerkungen zur frühen Geschichte von Schachten und den ersten Erwähnungen in verschiedenen Urkunden

Dieter Köhler

Der Ort Schachten wird ein erstes Mal in einer Urkunde erwähnt, die in den Archiven des ehemaligen Klosters Corvey an der Weser zu finden ist. Diese Urkunde datiert aus der Zeit zwischen den Jahren 856 und 866. Der Grund für die Abfassung der Urkunde, dem man letztlich die Erwähnung von Schachten - geschrieben in der Buchstabenfolge Scaftun - zu verdanken hatte, lässt sich nur schwer bestimmen. Wahrscheinlich waren es Besitzrechte an den Siedlungen und ihren Fluren, über die man vermutlich verhandelt hatte. Die Ergebnisse der Verhandlung waren dann der Anlass, in einer Urkunde festgehalten und niedergeschrieben zu werden.
Jedenfalls erlaubt die Erwähnung die Folgerung, dass dem Ort schon eine gewisse Bedeutung zugekommen sein muss, um in einer Urkunde namentlich aufgeführt zu werden.
Mit dieser Urkunde wird der Nachweis erbracht, dass der Ort Schachten über 1100 Jahre alt ist und mit zu den ältesten Siedlungen im Essetal gezählt werden kann. Historiker sind sogar der Ansicht, dass der Ort Schachten noch älter sein muss. Das leiten sie aus der sprachlichen Form des Ortsnamens her. Der Name lässt sich nicht den Siedlungsgründungen aus der sächsisch-fränkischen Zeit des 8. und 9. Jahrhunderts zuordnen, die da in der Mehrzahl auf -beck, -hausen, -heim, -essen usw. enden.
Zusammen mit fünf weiteren Siedlungen aus dem Essetal weist der sprachliche Ursprung der Namensform, so wird vermutet, in die Zeit des Stammes der Chatten in das 3. Jahrhundert n. Chr., wenn nicht gar in noch frühere Zeiten zurück.

Ein weiterer Hinweis, der die frühe Existenz des Ortes Schachten bezeugt, ergibt sich aus einer Urkunde aus dem Jahr 1074, die im oder für das Kloster Hasungen abgefasst wurde.
Aus dem Jahr 1120, also kaum 50 Jahre später, ist eine Urkunde bekannt, die im Bestand des Archivs des Benediktinerklosters Helmarshausen - eine seiner Zeit sehr bedeutenden Abtei, wenn man sich der Evangeliare erinnert, die dort gefertigt wurden - zu finden ist, in welcher der Tausch von Gütern (zwei Hofstätten) vereinbart und bezeugt wird. In dieser Urkunde wird der Ortsname in zwei Schreibweisen - Scahtun und Schatun - dargestellt.

Für die Zeit bis zum 14. Jahrhundert lassen sich noch weitere Urkunden anführen. Alle samt weisen von einander abweichende Ausdrucksformen des Ortsnamens aus, ehe in einer Urkunde aus dem Jahr 1303 - wiederum archiviert im Bestand des Klosters Helmarshausen - erstmals eine Schreibweise des Ortsnamen verwendet wird, die der Heutigen sehr nahe kommt. Das Geschlecht derer von Schachten und der Ort tauchen gemeinsam zum ersten Male in einer Urkunde aus dem Jahre 1239 auf, wenn auch in unterschiedlichen Schreibweisen. Schon deshalb ist es müßig, darüber zu streiten, wer letztlich dem Ort den Namen gegeben, was von einem späteren Zeitgenossen in eine andere Richtung ausgelegt worden ist. Üblich war es, dass die Grafengeschlechter ihren Namen durch Beifügung des Ortsnamen ergänzt haben, - zu verstehen als Hinweis darauf, wo man den Burgsitz errichtet hatte.

Jedenfalls wird das Geschlecht derer von Schachten in einer Urkunde aus dem 13. Jahrhundert schon zu dieser Zeit als Besitzer der Vogteirechte und Teile der Feldflur um Schachten genannt. Mit späteren Urkunden lässt sich nachzuweisen, das große Teile des Besitzes derer von Schachten aus Belehnungen durch das adelige Damenstift Heerse stammen. Gleichzeitig übertrug die Äbtissin des Damenstiftes an den Grafen von Schachten die Aufgaben eines Erbkämmers mit all den zum Amt gehörenden Rechten und Pflichten. Aus den Pflichten - so unter anderem aus dem Präsentationsrecht, das heißt, der Vorstellung und der Einsetzung eines Pfarrers - sollte sich nach der Reformation ein Streit zwischen dem katholischen Damenstift und dem zum evangelischem Glauben übergetretenem Grafengeschlecht entwickeln. Dieser Streit wurde über Jahrhunderte hinweg geführt und fand erst mit dem Untergang des Damenstiftes im 19. Jahrhundert ein Ende.

Die Zeitspanne des 13. und 14. Jahrhunderts war durch eine Vielzahl von machtpolitischen Auseinandersetzungen und kriegerischen Ereignissen geprägt gewesen. Beteiligt waren in der Hauptsache zum einen die nach weltlicher Macht strebenden Erzbischöfe in Mainz und zum anderen die Landgrafen der im Werden begriffene Landgrafschaft Hessen. Die Leidtragenden bei dieser Interessenlage waren die Bewohner der vielen kleinen Siedlungen im Umland. Sie suchten daher Schutz in den neuangelegten Großburgen der Landgrafen. Das führte zum Wüstwerden zahlreicher Siedlungen im Umfeld dieser Gründungen. Auch das Dorf Schachten war den qualvollen Übergriffen bei den kriegerischen Auseinandersetzungen ohne schützenden Beistand ausgesetzt gewesen. Sicherheit suchend, begab sich die Bauernschaft hinter die Mauern in die Großburg Grebenstein. Dies geschah etwa in der Zeitspanne zum Ende des 14. und zum Anfang des 15. Jahrhunderts. Als gesichert kann angesehen werden, dass Schachten in der Zeit um das Jahr 1455 von allen Bewohnern verlassen, dass heißt, wüst war.

Den verschiedenen Eintragungen im Salbuch von Grebenstein lässt sich entnehmen, dass die Schachtener immer großen Wert darauf gelegt haben, auch weiterhin als eine eigenständige Bauernschaft angesehen zu werden, die nur vorübergehend in Grebenstein wohnte und als Folge der bedrückenden Umstände der Zeit genötigt war, von dort aus ihre Flure in Schachten bearbeiten zu müssen.
So lässt sich aus einem weiteren Eintrag im Salbuch die Bestätigung ableiten, dass die Wiederbesiedlung der alten Ortslage bereits in der Zeit um das Jahr 1570 begonnen wurde. In einer Urkunde, ausgefertigt am 28. Februar 1584, ist schon nachzulesen, dass ein Pfarrer Kaspar der Alte von Mollerstadt die Dienste in der Kirche und der Pfarrei versehen hat.

Im Dorfbuch der Landgrafschaft Hessen werden für das Jahr 1585 sechs Familien genannt, die im Dorf Schachten gewohnt haben.

Mit diesen kurzen Anmerkungen zur frühen Geschichte von Schachten soll dieser Aufsatz enden. Ausführlichere Einzelheiten zur Geschichte und weitere Erzählungen um das Dorf Schachten können im Lesebuch Schachten, das in Vorbereitung ist, nachgelesen werden.